Türkische und österreichische Herrschaft

Die Türken wussten, dass auf ihren Eroberungszügen nach Mitteleuropa Belgrad das größte Hindernis war. Nach dem Fall Smederevos im Jahre 1440 belagerte das über 100.000 Krieger zählende türkische Heer mit Sultan Murat II. an der Spitze die Belgrader Festung. Vom Wunsche getragen, die Stadt zu erobern, errichteten die Türken auf dem Avala-Berg die Festungsanlage Žrnov, von wo aus sie die Umgebung beobachten und kontrollieren konnten. Fast ein ganzes Jahrhundert lang bot Belgrad den türkischen Angriffen die Stirn. Schließlich gelang den Türken unter der Führung von Sultan Suleiman dem Prächtigen am 28. August 1521 die Eroberung Belgrads - des Bollwerks des Christentums und des Schlüssels zur Verteidigung ganz Ungarns. Die Stadt wurde zerstört und gebrandschatzt und der Weg nach Westeuropa war frei.

Mit der Verschiebung der Grenze nach Norden änderte sich die strategische Lage Belgrads und in den nächsten 150 Jahren war es eine relativ ruhige Stadt mit einer wichtigen Handels- und Verkehrsfunktion. Aus Smederevo wurde der Sitz des Sandžaks (Verwaltungsbezirk) verlegt und ein intensiver Aufbau der Stadt setzte ein. In der gerade erst erneuerten Stadt mit orientalischem Aussehen blühten Gewerbe und Handel. Sie war Treffpunkt der Kaufleute aus Dubrovnik, Venedig, Griechenland und Österreich sowie der Gewerbetreibenden: Türken, Armenier, Zigeuner und Serben. Von den Gewerbetreibenden hoben sich Schneider (abadžije), Köche (aščije), Waffenschmiede (puškari) u. a. hervor. Neben Handelsvierteln wurden auch zahlreiche Karawansereien, Markthallen und Moscheen errichtet. Die Stadt sprengte die Rahmen der früheren Grenzen und Befestigungsgräben und begann sich zunehmend entlang der bekannten Handelsstraßen zu erweitern, die den Orient mit Europa verbanden. Ihren größten Aufschwung unter den Türken erlebte die Stadt im 17. Jh. mit 100.000 Einwohnern. Sie blieb nur hinter Konstantinopel zurück. Ende des 17. Jh. wütete in Belgrad die Pest, die neben Bränden und Aufständen der Janitscharen seine Stagnation bewirkte. Nach 167 Jahren einer relativ friedlichen Entwicklung wurde die Stadt Ziel von Kriegskonflikten. Nach der türkischen Niederlage bei Wien im September 1688 nahmen die Österreicher Belgrad ein. Nach zwei Jahren gelang den Türken die Rückeroberung der Stadt, aber zerstört ging sie aus diesen Auseinandersetzungen hervor und ihre Bevölkerung war wegen der Zusammenarbeit mit den Österreichern Morden, Verfolgungen und Plünderungen ausgesetzt. Danach wurde Belgrad wieder eine Grenzstadt, und zwar bis 1717, als die Österreicher es unter der Führung von Eugene von Savoy abermals eingenommen hatten. Zu der Zeit wurde an Stelle der bereits zerstörten Belgrader Festung eine neue gebaut, die den zeitgenössischen militärstrategischen Forderungen gerecht werden sollte.

Unter der österreichischen Herrschaft über Belgrad im Zeitraum von 1717 bis 1739 vollzog sich ein wahrer Wandel der Stadt, die bisherigen türkisch-orientalischen Merkmale verschwanden und sie nahm das Aussehen einer mittelalterlichen Stadt an. Neben der Festung wurde auch eine große Anzahl neuer Bauten errichtet. Der Handel lebte auf und immer mehr Ungarn, Deutsche, Franzosen, Tschechen u. a. ließen sich in der Stadt nieder. 1739 unterwarfen die Türken abermals die Stadt und vernichteten sie. Sie zerstörten die österreichischen Kasernen und Einrichtungen sowie Häuser und verwandelten viele Kirchen in Moscheen. Belgrad entwickelte sich abermals zu einer Stadt mit orientalischen Merkmalen, und zwar mit Grenzposition, denn aufgrund des Belgrader Friedensvertrags wurde die Save als Grenzlinie bestimmt.

Auf der anderen Seite wurde Zemun als Grenze auf österreichischem Territorium Bedeutung beigemessen. Ihm wurde ein Sonderstatus im Rahmen der militärischen Grenze eingeräumt und diese Bedingungen begünstigten die Entwicklung der Wirtschaft: Handel, Gewerbe, Schifffahrt und Fischerei. Der Bürgerstand erstarkte, Befestigungen wurden errichtet und staatliche Gebäude und Kirchen gebaut. Aus dieser Zeit datieren das Karamata-, Ičko- und Dimitrije Davidović-Haus. Die serbische Grundschule wurde 1745 eröffnet und in der Stadt entfalteten Maler und andere Kulturschaffende ihre Tätigkeit.

Ende des 18. Jh. gab es etliche erfolglose österreichische Versuche, sich mithilfe der Serben Belgrad zu bemächtigen. Nach der Unterzeichnung des Svishtover Friedens 1791 zogen sich die Österreicher nach Zemun zurück und den Janitscharen wurde das Betreten des Belgrader Paschaluks (Verwaltungsbezirk) verboten. Die Janitscharen führten nach Mustafa-Paschas Tod 1801 in der Stadt und den umliegenden Dörfern ihre Obrigkeit ein. Das war eine Zeit der totalen Anarchie, der Gewalt der Janitscharen und der Plünderungen. Sie blieb in Erinnerung durch das Blutbad an Fürsten und angesehenen Serben. Das war auch das Motiv zur Erhebung des Aufstands.