Das alte Schloss

Das alte Schloss, der Palast der serbischen Obrenović Dynastie, in dem heute das Stadtparlament von Belgrad untergebracht ist, befindet sich an der Ecke der Kralj Milan - und der Dragoslav Jovanović Straße. Es wurde zwischen 1882 und 1884 nach dem Projekt von Aleksandar Bugarski im Architekturstil des Akademismus des 19. Jh. erbaut, in der Absicht, alle bisherigen Residenzen der serbischen Herrscher zu übertreffen. Der englische Reiseschriftsteller Herbert Vivien, der Ende des 19. Jh. das alte Schloss aufsuchte, beschrieb sein Inneres in allen Einzelheiten: "Auf der linken Seite befindet sich ein vornehmer Ballsaal mit zitronengelben Wänden und großen weißen Kronleuchtern aus venezianischem Glas. Bei Staatsfestlichkeiten lässt das elektrische Licht sie in ihrem ganzen Glanz erstrahlen. Durch den geräumigen Empfangssaal gelangt man in den Bankettsaal. Hier glänzt alles: vom Parkett bis zum holzgeschnitzten Mahagonitisch, der 60 Gästen Platz bietet. Die Lederstühle sind in Herbstfarben gehalten. Beeindruckend ist der gute Geschmack, egal ob es sich um einen Gebrauchsgegenstand oder Zierrat handelt. Bewunderung lösen auch die schön geschnitzten Deckenbalken aus, ein Erbe aus der Türkenzeit und der damaligen Mode ..."

An das alte Schloss sind wichtige Ereignisse aus der Zeit der politischen Macht der Obrenović Dynastie geknüpft: das Gebäude wurde erbaut, als Serbien zum Königreich verkündet wurde, und hier dankte König Milan am 22. Februar 1889 zugunsten seines Sohnes Aleksandar ab. Von 1903 bis 1914 befand sich im Alten Schloss die Residenz der Karađorđević Dynastie. Von 1919 bis 1920 wurden im Schloss Sitzungen der vorübergehenden Volksversammlung abgehalten und bis 1941 Hoffeste und Empfänge für hohe ausländische Gäste veranstaltet. Das Schloss wurde zweimal beschädigt: im ersten Weltkrieg und bei der Bombardierung am 6. April 1941. Nach Beendigung des Ersten Weltkrieges wurden Reparaturen am Schloss vorgenommen und die ersten größeren Umbauten erfolgten um das Jahr 1930. Die Instandsetzungsarbeiten des Alten Schlosses nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges dauerten bis 1947. Die Architektur erfuhr bei dieser Gelegenheit beträchtliche Änderungen. Die zwei Kuppeln zum Schlossgarten gab es nicht mehr, während die Fassade zum heutigen Kralj Aleksandar-Boulevard gänzlich abgewandelt worden ist. Von dieser Zeit an beherbergte das Schloss das Präsidium der Volksversammlung, sodann die Regierung der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien, den Bundesexekutivrat und ab 1961 ist hier das Belgrader Stadtparlament untergebracht. Das alte Schloss hat einen Grundriss von annähernd 40 x 40 m2. Seine Lösung ist klassisch mit einer verglasten zentralen Innenhalle. Hier befanden sich einst der Wintergarten und später in Auftrag gegebene, reich verzierte Eichentreppen, die in das erste Stockwerk führten (entworfen vom bekannten Architekten Jovan Ilkić). Die Treppen wurden im Ersten Weltkrieg zerstört. Um diesen Zentralraum mit Säulen und Galerien reihten sich die übrigen Räumlichkeiten des Schlosses, von denen der große Empfangs- und Ballsaal und der Speisesaal die bedeutendsten waren. Zum Schloss gehörten auch eine gut ausgestattete Bibliothek und die Schlosskapelle zum Garten. Die komplette Innenausstattung des Schlosses wurde hauptsächlich in Wien in Auftrag gegeben. Die Außenarchitektur des Bauwerks zählt zu den schönsten Leistungen der akademischen Architektur Serbiens des 19. Jh. Die Fassade zum Garten weist die reichhaltigsten Verzierungen auf. Die vorgelagerten Terrassen stellen eine engere Verbindung mit dem Schlossgarten her. An dieser Fassade besticht das Motiv der Karyatiden in der Höhe des 1. Stockwerks, die oberhalb der Terrasse an den Fassadenenden reich geschmückte Tympanone der äußeren Fenster tragen. Die Karyatiden wiederholen sich an der Fassade zur Kralj-Milan-Straße, darunter reihen sich dorische Säulen aneinander. An der Fassade zum Schlossgarten tauchen die dorischen Säulen zwischen reich geschmückten Fenstern wieder auf. Die anderen zwei Fassaden sind etwas einfacher gehalten. Das Souterrain und die Gebäudeecken sind in Rustika gearbeitet. Die Terrasse und die Attika sind mit einer Balustrade versehen. Proportionale Kuppeln bilden den Abschluss der drei Gebäudeecken. Das alte Schloss, dessen ursprüngliches äußeres und inneres Aussehen Änderungen erfahren hat, heißt seine Besucher willkommen. Aus der Zentralhalle (130 m2) betritt man zunächst den Roten Salon, in dem das 1862 von Đura Jakšić gemalte "Mädchenporträt" wahrscheinlich die größte Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Hier befindet sich auch Ismet Mujezinovićs Gemälde "Überquerung der Neretva". Dieser Saal beherbergt desgleichen die Geschenke von Delegationen: zwei Porzellanvasen mit Motiven aus Sankt Petersburg (Geschenk einer russischen Delegation) und eine Schale (Geschenk einer dänischen Delegation). Links vom Eingang in den Gelben Salon ist das Faksimile des Briefes Papst Johannes VIII. vom 16. April 878 ausgestellt. Das ist das älteste schriftliche Dokument, in dem der slawische Name Beograd erwähnt wird. Das ist im Grunde ein Bestandteil des Registers Papst Johannes VIII., das gegenwärtig im Archiv des Vatikans aufbewahrt wird. Neben dem Faksimile befindet sich außerdem die künstlerische Interpretation dieses Dokuments, eine Arbeit des bekannten Malers und Grafikers, Professor an der Fakultät für bildende Künste, Branko Miljuš. Rechts vom Eingang ist der Orden des Volkshelden ausgestellt, mit dem Belgrad am 20. Oktober 1974 ausgezeichnet wurde. Der anschließende Gelbe Salon beherbergt einige ausgezeichnete Gemälde von Sava Šumanović, Jovan Bijelić, Petar Lubarda, Miodrag-Bata Mihajlović, Ljuba Lah, Jovan Zonjić, Peđa Milosavljević, Petar Omčikus und Vasa Pomorišac sowie Holzskulpturen von Rista Stijović. In diesem Salon werden auch die Geschenke ausländischer Staatsmänner, Delegationen, Vereinigungen und Verbände aufbewahrt: eine größere Anzahl von Ziertellern, Vasen und Skulpturen. Aus dem Gelben Salon gelangt man in den Festsaal, der 260 m2 umfasst. Die obere Zone der Wände schmücken Vitragen, die den Volksbefreiungskampf und den Arbeitselan illustrieren. Die Konsolen vor dem Spiegel auf der linken und rechten Seite des Eingangs schmücken 65 cm hohe, in Frankreich hergestellte Messingleuchter, zwei Standaschenbecher mit drei Schlangenfiguren (auf der rechten Seite) sowie zwei Vasen und ein Porzellanleuchter (auf der linken Seite). Die andere Saalseite schmücken eine in der gleichen Technik gearbeitete Bonbonniere mit zwei Engeln sowie Leuchter und Porzellanvasen. Aus diesem Saal gelangt man auf die Terrasse. Das Innere des Salons des 19. Jh. hat das Museum der Stadt Belgrad im Geiste der Zeit des Entstehens des Alten Schlosses gestaltet. Die Kommode, der Sekretär, die Vitrine, zwei Konsolen mit Spiegeln sowie zwei Stühle im Stil Louis XV. sind Originalmöbel, die Königin Natalija Obrenović, die Gattin König Milans, benutzte. In der Vitrine werden Teile eines aus dem Westen eingeführten Porzellanservices, ebenfalls aus dem Salon der Königin, aufbewahrt, desgleichen ein Porzellanteller mit der Krone und den königlichen Initialen. Eine ausgestellte schwarze Garnitur im Stil Napoleon III. stammt ebenfalls aus dieser Zeit. In einer Saalnische steht ein Biedermeiersalon aus der ersten Hälfte des 19. Jh. Die bürgerlichen Gewänder führen vor Augen, wie sich die Belgrader in der ersten Hälfte des 19. Jh. gekleidet haben. In diesem Saal befinden sich Portraits bemerkenswerter und angesehener Bürger: des Kaufmanns Vule Bogdanović und seiner Gattin, ein Werk Franjo Grifingers, ferner von Stevan Knićanin, das Werk eines unbekannten Autors, ein Werk von Zmaj Jova Jovanović, ein Werk von Uroš Predić von 1938, sodann Portraits von Jelisaveta Kocić und Đorđe Bimba, gemalt von Arsenije Petrović. Die Zentralwand beherrscht ein großes Bild eines anonymen Autors „Heiterkeit vor dem Wirtshaus“. Diese repräsentativen Räumlichkeiten im Alten Schloss sind Empfängen für in- und ausländische Delegationen und angesehene Gäste aus dem Land und aller Welt, der feierlichen Verleihung von Anerkennungen des Stadtparlaments, sonstigen Empfängen, Banketts, Bällen, Konzerten, Buchpromotionen und anderen Kulturmanifestationen vorbehalten. In den übrigen Räumen sind die Kabinette des Vorsitzenden, der stellvertretenden Vorsitzenden und der Sekretäre der Stadtverordnetenversammlung von Belgrad, des Vorsitzenden, der Stellvertreter des Vorsitzenden und der Mitglieder der Stadtregierung untergebracht.