Byzanz

Dem Zerfall des Römischen Reiches ging der Ansturm barbarischer Völker: der Ostgoten, Gepiden, Sarmaten, Awaren, Slawen und anderer einher. Wegen seiner vorgelagerten Position an der Grenze - dem Limes - war Belgrad oft Ziel von Angriffen und Zerstörungen. Die Angriffe vom Norden über die Pannonische Tiefebene, die Donau und Save waren derartig heftig, dass sie auch Singidunum als wichtige militärische Festung nicht abwehren konnte. Im Jahre 441 wird es von den Hunnen eingenommen, die es vollkommen zerstörten. Die Stadt verlor damals auch die bis dahin in ihr wohnende römische Bevölkerung. Nach dem Untergang der Hunnen gehörte die Stadt im Jahre 454 abermals zu Byzanz, doch bald darauf wurde sie von den Sarmaten und sodann von den Ostgoten erobert. Schon im Jahre 488 fiel sie wieder in byzantinische Hände.

Anfang des 6. Jh. (512) siedelte der byzantinische Kaiser Anastasius in unmittelbarer Umgebung der Stadt den germanischen Heruler-Stamm an, der sie vor den kriegslüsternen Gepiden verteidigen sollte. In den Ruinen der früheren römischen Festung, an der Westseite der Unterstadt, sind Spuren materieller Kulturen der Germanen freigelegt worden. Unter der Herrschaft des byzantinischen Kaisers Justinian I. wurde im Jahre 535 die Festung wieder aufgebaut und mit mächtigen Wällen bewehrt. Singidunum entwickelte sich wieder zu einer glänzenden und lobenswürdigen Stadt. Allem Anschein nach war sie zum ersten Mal mit Taurunum jenseits des Saveufers verbunden.

Ende des 6. Jh., als die Byzantiner in Afrika und Asien Krieg führten, stürmten Mongolenstämme - Awaren - die Festungsmauern Singidunums und ihnen folgten auch die ersten slawischen Gruppen. Nach zwei Belagerungen erobern Awaren und Slawen die Stadt. Zahlreiche byzantinische historische Quellen belegen diese Belagerung und den endgültigen Untergang Singidunums. Nach diesem barbarischen Ansturm und der Zerstörung der Stadt verlor sich auch der Name Singidunum und tauchte nie wieder in der Geschichte auf. Spuren slawischer materieller Kultur aus dieser Zeit wurden in der Unter- und Oberstadt, in Zemun und den Siedlungen Ritopek und Višnjica gefunden. Das war der anhaltendere Beginn der Slawisierung der Stadt. 

Um das Jahr 630 wird dieses Gebiet von serbischer Bevölkerung besiedelt, die über zweieinhalb Jahrhunderte lang nicht mehr erwähnt wird. Für die awarischen und slawischen Krieger war die Stadt unbedeutend, denn sie hatte die Position der Grenzbefestigung eingebüßt. Diese hatte sich in das Innere eines breiteren Gebietes der Balkanhalbinsel verlagert, das bereits von Slawen erobert war. Zudem belegen archäologische Funde ein kontinuierliches Leben in der Stadt und ihrer Umgebung. Abermals erwähnt wird die Stadt, doch diesmal unter dem slawischen Namen BEOGRAD (Weiße Stadt - wahrscheinlich nach den weißen Kalksteinmauern), im 9. Jh., genauer am 16. April 878 in einem Brief Papst Johannes VIII. an den bulgarischen Fürsten Boris-Mihailo, in dem er die Absetzung des Belgrader christlichen Bischofs Sergije verfügt. Später begegnet man diesem Namen in verschiedenen Varianten: ALBA GRAECA, GRIECHISCH WEISSENBURG, NANDOR ALBA, NANDOR FEJERVAR, CASTELBIANCO, ALBA BULGARICA. 

Einige Jahrhunderte nach der ersten Erwähnung Belgrads als slawische Stadt wechselten verschiedene Heere und Eroberer einander ab. Nach Belgrad gelangten zunächst die Franken, die unter Karl dem Großen die Awaren vernichteten. Auf den Ruinen von Taurunum gründeten sie die fränkische Siedlung Malevila, die später nach der Slawisierung Zemln (Zemun) genannt wurde. Die fränkische Herrschaft wurde von den Bulgaren abgelöst und an ihre Stelle traten sodann die Ungarn. Ende des 10. Jahrhunderts, zur Zeit des großen Staates Samuils, hatte Belgrad zum wer weiß wievielten Male seine Herren gewechselt. Schon im Jahre 1018 wurde es abermals zu einer wichtigen Grenzbefestigung von Byzanz. Im 21. und 22. Jh. rissen sich um Belgrad rivalisierende Mächte: Ungarn, Byzanz und Bulgarien. 

In dieser Zeit zogen zahlreiche Kreuzfahrer durch die Stadt gen Osten und ließen nur Zerstörungen hinter sich. Nach dem Vorstoß der Kreuzritter in den Jahren 1096 und 1147 zogen im Jahre 1189 unter Führung von Friedrich Barbarossa durch Belgrad 190.000 Mann. Dieser Anführer der Kreuzritter sah Belgrad in Trümmern vor sich liegen. Wie sehr die Stadt in Mitleidenschaft gezogen war, belegen die Aufzeichnungen des arabischen Geografen und Kartografen Idrisi, der im Jahre 1154 in der "Beschreibung des Weges von Konstantinopel" Belgraduk als gut besiedeltes und lebhaftes Städtchen mit vielen Kirchen erwähnte.